Der konditionierte Geschirrgriff: Aufbau

Vorwort:
Ich nutze für den Aufbau gerne ein Markerwort statt des Clickers, weil es ein bisschen einfacher ist, wenn man den Clicker nicht auch noch betätigen muss.

Ganz anders als der Name – „konditionierter Geschirtgriff – vermuten lässt, kann der Geschirrgriff auch am Halsband oder am „nackten“ Hundekörper auftrainiert werden. Habe ich so gemacht, weil „Geschirr anziehen“ für meine Hunde „Rausgehen“ bedeutet.

Wir trainieren mit dem Hund, damit er die Bewegungseinschränkung zulässt und das so schonend wie nur irgendmöglich. Theoretisch tricksen wir ein bisschen, wir verkaufen dem Hund diese Einschränkung als etwas Tolles. Das ist weder hinterhältig noch schlimm. Es ist nicht verwerflicher als den Hund an eine Bürste oder Krallenschere zu gewöhnen, die er doof findet.
Es gibt sensible Hunde, die eine solche Einschränkung als eine wirkliche Qual empfinden, bei ihnen darf man nicht einfach ins Geschirr greifen und Zug ausüben. Hier müsste man in kleinsten Schritten jede Annäherung an das Geschirr/Halsband/Körper markern und belohnen.
Wenn man wirklich sehr genau ist, ist es grundsätzlich natürlich schon ein Zufügen von etwas Unangehmen. Die Kunst liegt darin, dass der Hund das nicht so (stark) empfindet. Er wird doppelt über positive und negative Verstärkung belohnt, weswegen wir so ein tiefgreifendes Ergebnis bekommen.
Eigentlich sollte man sich den Geschirrgriff deshalb zeigen lassen – allerdings, wenn man sensibel und vorsichtig genug ist, kann man ihn alleine auch aufbauen.

Etwas ausführlicher hier bereits erklärt.

Ich gehe nun vom Normafall aus, also ein Hund, der mit Annäherung und einem kleinen Zug zurechtkommt.

1. Schritt:

  • Signal geben (Ich nutze „Stopp!“, ganz normal betont, ruhig aber deutlich gesprochen), ein wenig warten (ca. 2 Sekunden, damit Signal vom Verhalten deutlich getrennt wird, der Geschirrgriff soll später ja auch auf Entfernung funktionieren!), ins Geschirr/Halsband/an den Brustkorb greifen (am besten seitlich), kurzen Zug ausüben (es reicht bei einigermaßen empfindlichen Hunden, dass dieser wirklich kaum spürbar ist).
  • (Konditionierte Entspannung hier dazwischen schalten!)
  • Markerwort/Click!
  • Hochwertigste Futterbelohnung (positive Verstärkung)
  • Erst jetzt die Hand vom Hund entfernen (negative Verstärkung)

Sobald der Hund irgendeine Spur von Meideverhalten zeigt, z.B. er will weg, wendet sich ab, beschwichtigt oder sonst irgendein Unwohlsein, müssen je nach Hund kleinschrittig Annäherungen erfogen, die sehr hochwertig bestärkt werden. Der Hund darf niemals auch nur irgendwie gezwungen werden. Er muss dabei möglichst entspannt und motiviert mitarbeiten.

2. Schritt

  • Lässt der Hund sich dies gefallen und macht ihm das Spiel sogar Spaß, darf man noch einen Schritt weitergehen. Wie bei Schritt 1 verfahren bis zum Zug.
  • Nach dem Zug wartet man nun bis der Hund dann nachgibt. Manche bieten sofort ein Sitz an, viele aber verlagern ihr Gewicht, bitte den Hund gut beobachten.
  • Markern
  • Belohnen
  • Hand wegnehmen

(Schritt 3 – Umorientierung einbauen:
Nach dem Markersignal wird die Futterbelohnung so gegeben, dass sich der Hund zum Halter wenden muss. Das hat folgenden Sinn:
Nutze ich den Geschirrgriff als Unterbrecher im Aggressions- oder Jagdverhalten hilft das Umschauen zum Halter dabei, dem Auslöser zu „entkommen“)

Bei kleinen Hunden (meine sind zwar nicht Toy-Format, aber dennoch klein) würde ich vorschlagen, dass man sich am besten für den Anfang neben sie kniet. Ich habe mich seitlich positioniert und das Futter auch präsentiert. Ich weiß nicht, ob das Fachleute so empfehlen würden, aber Futter ist ein guter Außenmotivator. Auch wen Akuma, für den ich den Geschirrgriff überhaupt gebraucht habe, zur rückgerichteten Aggression neigt, war der Aufbau im Haus für ihn kein Problem. Bei ihm ging die ganze Sache sehr schnell, wenn ich so zurückschaue.

„Zug“:
Auf gar keinen Fall darf ich am Hund ziehen im Sinne von rucken/zerren. Der Hund soll selbst das Gewicht verlagern, deshalb nicht wild nach oben ziehen.
Schritt 1 ganz wichtig! Ich gebe einfach einen Impuls, damit der Hund spürt, dass ich da etwas tue. Keinesfalls darf man dies mit einem Ruck verwechseln. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Wie beim Ziehen an der Leine. Ziehe ich zurück, wird der Hund nach vorne zerren. Sowas ist nicht mit „Zug“ gemeint. Es kommt auch auf den Hund an, wie stark ich diesen Zugimpuls gebe. Für Akuma hat eine leichte Andeutung nach hinten (ich kniete auf Höhe seiner Schulter neben ihm, mein Körper ebenso seitlich) gereicht. Ich markere in Schritt 1 NUR dass ich an ihm „ziehen“ darf, aber lasse NICHT los. Erst wenn er die Futterbelohnung erhalten und heruntergeschluckt hat, nehme ich meine Hand weg.
Er fand das Spiel nach zwei Mal schon toll, aber er ist megaverfressen und findet alle Spiele, die ich in der Wohnung anfange toll. Er ist mit Futter in reizarmer Umgebung für fast alles zu bekommen.
Bereits beim dritten Mal hat er sein Gewicht von alleine zurückgenommen. Nach ca. zwei Tagen hat er alles von alleine ausgeführt (in der Wohnung, draußen ist es eine andere Geschichte).

Akuma mit dem Zug auf den Körper, aufs Halsband und aufs Geschirr (Ich denke doch, das man deutlich sieht, dass der Hund dabei entspannt ist, gerade beim Shiba sind die deutlich nach vorne geklappten Ohren ein Indiz. Vielleicht erneuere ich die Bilder, weil der Blitz den Hund schon ein bisschen gestört hat.)
BildBildBild

Der Geschirrgriff kling spektakulär. Allerdings sieht man ihn in der Ausführung fast gar nicht. Wenn man sich Videos davon anguckt, wird man feststellen, dass man eigentlich kaum etwas „geboten bekommt“. Ein erregter Hund, der mittels einem Signal sich kurz zurücknimmt, wenn man es überhaupt sieht. Nur der Halter selbst weiß, wie der Hund nicht mehr zu bändigen wäre, wenn man dieses Werkzeug nicht hätte bzw. kann den Hund gefahrlos anfassen.
Hier ist aber ein gutes Beispiel wie er wirken kann.

3 Kommentare zu “Der konditionierte Geschirrgriff: Aufbau

  1. Hi,
    interessant dass du die kond. Entspannung dazwischenschaltest.Das hab ich bisher so noch nicht gelesen/gehört. Machst du das immer, oder nur im Aufbau?

    • Im Aufbau, gerade dann sinnvoll, wenn der Hund die Bewegungseinschränkun und/oder den Zug arg doof findet. Sonst brauchst du das nicht, kannst es aber hinterherschieben, wenn mans mal braucht.

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